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Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter ist unabhängig von neuer Partnerschaft

Geschrieben von Irina Neschenz Kategorie

Die nichteheliche Mutter verliert nicht ihren Unterhaltsanspruch gegen den Vater des Kindes, wenn sie mit einem neuen Partner eine feste Beziehung eingeht und mit diesem einen gemeinsamen Hausstand unterhält. 

Sie ist insoweit nicht einer ehelichen Mutter gleichzustellen, bei der eine neue Partnerschaft zur Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt, beschloss das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 03.05.2019.

Die Beteiligten sind die nichtehelichen Eltern eines Kindes. Sie hatten sich bereits vor der Geburt getrennt. Das Kind wird von der Mutter betreut und versorgt. 

Die Mutter verlangt nun weitere Unterhaltszahlungen vom Vater für die ersten drei Lebensjahre des Kindes. Sie war nach der Elternzeit ab dem 14. Lebensmonat des Kindes zu 50 %, ab dem 26. Lebensmonat zu 100 % berufstätig. 

Dabei konnte die Bankangestellte nicht ihr vor der Geburt des Kindes erzieltes Monatseinkommen von netto 2.800 Euro erreichen. Der Vater, dessen Monatseinkommen netto 4.800 Euro beträgt, hatte ihr zunächst Betreuungsunterhalt gezahlt, diesen jedoch in Ansehung ihrer Erwerbstätigkeit auf zuletzt 215 Euro monatlich reduziert.

Die Mutter meinte, dass ihre Berufstätigkeit während der ersten drei Lebensjahre des Kindes überobligatorisch sei; die Einkünfte könnten deshalb nicht voll angerechnet werden. Dem widersprach der Vater und wandte außerdem das Zusammenleben mit dem neuen Partner ein. Wie bei einer geschiedenen Ehefrau, die ein gemeinsames Kind betreut, sei wegen dieser verfestigten Lebenspartnerschaft der Unterhaltsanspruch nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt. 

Das Amtsgericht hatte dem Antrag der Mutter teilweise stattgegeben.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Mutter weitergehende Unterhaltsansprüche. Das OLG hat ihr Recht gegeben. Es hat zunächst klargestellt, dass die während der ersten drei Lebensjahre des Kindes erzielten Einkünfte der Mutter nur sehr eingeschränkt anzurechnen seien, weil sie in dieser Zeit überhaupt nicht zur Arbeit verpflichtet war (§ 1615 l BGB). Der Vater schulde eigentlich der Mutter einen an ihren vorgeburtlichen Einkünften zu bemessenden Unterhalt (2.800 Euro). Dafür verdiene er jedoch nicht genug. Deshalb sei der Anspruch nach dem sog. Halbteilungsgrundsatz begrenzt, der verhindert, dass der Unterhaltspflichtige mehr aufwenden muss, als ihm verbleibt. Mit der Rechtsprechung des BGH sei aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG zu folgern, dass der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nicht das übersteigen darf, was eine eheliche Mutter fordern könnte.

Soweit der Vater jedoch eine Unterhaltsverwirkung wegen der Lebensgemeinschaft mit ihrem neuen Partner annehme, sei dem nicht zu folgen. Der Grundgedanke der Unterhaltsverwirkung (§ 1579 Nr. 2 BGB) sei auch nicht über den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) auf Unterhaltsbeziehungen unter nichtehelichen Partnern anzuwenden. Der Gesetzgeber habe den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nicht in jeder Hinsicht dem der ehelichen Mutter angeglichen. 
So könne sie - anders als eine eheliche Mutter - keinen Altersvorsorgeunterhalt verlangen. Außerdem erhalte sie keinerlei Ausgleich für etwaige Nachteile im Erwerbsleben, die sie durch die zeitweilige Betreuung des gemeinsamen Kindes und Unterbrechung ihrer Erwerbsvita erleide. Die gebotene Gleichbehandlung der nichtehelichen und ehelichen Mütter im Betreuungsunterhalt dürfe wegen des strukturell schwächeren Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter nicht weiter ausgedehnt werden. Insbesondere folge aus dem Gleichheitssatz nicht, dass für eine Verwirkung bereits eine "einfache" Unbilligkeit im Sinne des aus dem Ehegattenunterhaltsrecht stammenden Grundsatzes einer Unterhaltsverwirkung (§ 1579 BGB) ausreiche. Hintergrund für die Verwirkung wegen des Zusammenlebens in "sozio-ökonomischer Gemeinschaft" mit einem neuen Partner (§ 1579 Nr. 2 BGB) sei der Gedanke der ehelichen Solidarität. 
Die dafür erforderliche "Abkehr aus der ehelichen Solidarität" durch die Eingehung einer anderen, gleichsam die Ehe ersetzenden Partnerschaft könne sich bei nichtehelichen Partnern aber nicht ereignen. 

Für den Unterhaltsanspruch der 
nichtehelichen Mutter gelte daher allein der Verwirkungsmaßstab des § 1611 BGB, wonach nur eine "grobe" Unbilligkeit den Wegfall des Unterhaltsanspruchs rechtfertige. Eine solche ergebe sich nicht daraus, dass die Mutter in einer neuen, 
nichtehelichen Partnerschaft lebe.
Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung mehrerer Rechtsfragen die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Hinweis zur Rechtslage
§ 1579 BGB Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten 
gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
1. (...)
2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, (...)
§ 1611 BGB Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung
(1) 1Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. 

2 Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(...)
§ 1615l BGB Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) 1Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. 
Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.
(2) 1Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, 
ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. 2 Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet 
werden kann. 
3 Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt.

 

Pressemitteilung vom 21.05.19 - Oberlandesgericht Frankfurt

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